Livemusiker vs. Studiomusiker

Man möchte ja beides sein, live auf der Bühne stehen und im Studio bis zur Perfektion an Stücken feilen. Die Schwerpunkte sind bei Livemusik und Studioaufnahmen unterschiedlich. Live muss man mit dem Publikum umgehen können, Situationen durchstehen, wo man sich oder andere nicht perfekt hört und ein schlechteres Spielgefühl vermittelt bekommt. Es ist oft laut, die Leute reden dauernd, Rückkopplungen und Trittgeräusche nerven und die Beleuchtung ist flackernd. Da heißt es: Ruhe bewahren.
Ganz anders im Studio. Man hört sich und alles Andere optimal über die Kopfhörer, die Beleuchtung ist gut, niemand stört.
Niemand?
Jetzt kommen andere Faktoren ins Spiel. Nun erst hört man (meist kleine) eigene Unsauberheiten im Spiel, die meist im Tohuwabohu der Probe oder des Gigs untergegangen wären. Saitenschnarren und Kratzgeräusche fallen plötzlich mehr auf.
Das erhöht den Druck, der ohnehin schon auf dem Musiker lastet. Vor allem, wenn es ein gemietetes Studio ist und die Uhr läuft.
Und dann braucht der Mensch Sitzfleisch. Anfangs ist man oft zu hektisch und macht viel zu viel. Studioerfahrung ist da Gold wert, sagt sie einem doch, dass am effektivsten einfach gearbeitet, sprich gespielt wird, dass "kippelige" Passagen besser in Portionen aufgeteilt und nacheinander aufgenommen werden.
Und dann die nicht enden wollenden Neueinspielungen, wenn man eigentlicht perfekt war, aber ganz am Schluss einen kleinen Hakler gebaut hat. Je nach Technik kann man auch keine Teile des Ganzen neu einspielen. Das spart Zeit.
Wenn die Aufnahme drin ist, geht es ans Mischen. Dem Tonmenschen muss meist gesagt werden, wie Ihr klingen wollt. Bis zum fertigen Produkt ist noch ein langer Weg.
Fazit: Der Livemusiker kann sich mehr (kleine) Patzer erlauben, die der allgemeine Soundpegel zumindest glatt bügelt. Dafür braucht er den Draht zum Publikum und die Fähigkeit, unter schwierigen Bedingungen ein ordentliches Konzert abliefern zu können.
Der Studiomusiker braucht eiserne Disziplin und Stehvermögen, wenn es mal länger dauert.
Er sollte sich spielerisch zurücknehmen und einfacher denken. Lieber mal noch einen Overdub drüberlegen.
Natürlich gibt auch auch Qualitäten, die beide haben sollten, jedoch die Anforderungen live und im Studio können bisweilen sehr unterschiedlich sein.